Der Pony-Papst lebt nicht mehr
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Was macht ein Papst, wenn er gestorben ist? Jedenfalls ist er nicht so einfach weg. Er geht mit seinen ganzen Verdiensten in die Annalen ein, er wird historisch. So ist es mit Heinz Bürk auch. Der erste und einzige Pony-Beauftragte des Landes Baden-Württemberg ist am Montag in seinem Haus am Stadt- und Waldrand von Bad Wildbad im Nordschwarzwald verstorben. Niemand anderes wurde Papst genannt im baden-württembergischen Reitsport. Im April 2025 wäre er 90 Jahre alt geworden.
Das Reiterjournal hat Heinz Bürk vor wenigen Wochen noch einmal besucht und ihm eine längere Geschichte gewidmet. Der Autor dieser Zeilen hat bei ihm und seiner kleinen Familie auf der Terrasse am Kaffeetisch gesessen und konnte noch einmal nachvollziehen, was dieser kleine große Mann für den Pferdesport im Land geleistet hat. Persönliche Rückschläge hat er einige einstecken müssen. Der Ponysport hat nie darunter gelitten. Das ehrenamtliche Engagement war für ihn auch eine Art Therapie.
Kleine aber typische Anekdote: Weil aus der Homestory herauszulesen war, Heinz Bürk werde sein Amt aus Alters- und Gesundheitsgründen bald niederlegen, klingelte bei Landesverbandspräsident Klaus Dieterich das Telefon. Heinz Bürk an der Leitung. Das wolle er nur mal richtig stellen: Er macht so lang, wie er kann. Das war leider endlich.
Etwa eine Handvoll handgeschriebener Zettel in Kopie liegen jetzt – während dieser Nachruf entsteht – an Schreibtisch. Es ist Heinz Bürks Handschrift, die Seiten sind mit den Pony-Europameisterschaften und den Medaillenträgern gefüllt, die er sich notiert hat. Seit 1984. 40 Jahre lang. Pia-Luise Aufrecht taucht dort auf, Eberhard Seemann, der heute Bundestrainer ist, Armin und Anna-Eliza Schäfer, Nina Beck, Rebecca Hotz, die damals Trefzger hieß, Jette Zollmann und all die anderen. Diese Statistik gibt es nirgendwo anders. Auch jene nicht, auf der Heinz Bürk mit der Akribie eines Ingenieurs im Staatsdienst addiert hat, welche Sponsor- und Fördergelder er in 40 Jahren für den baden-württembergischen Ponysport eingesammelt hat: Es geht klar in Richtung siebenstellig! Das hat kein anderer geschafft.
Er wird unvergessen bleiben. Man sagt, kein Mensch sei unersetzbar. Bei Heinz Bürk sind Zweifel an dieser These angebracht. Es ist schwer vorstellbar, dass es weitere Personen gibt, die sich mit Haut und (wenigem) Haar der Aufgabe so verschreiben wie der Bauingenieur, Architekt und Stadtbaumeister, der in den 70er Jahren von Villingen nach Bad Wildbad umzog und seine Ehrenämter im Gepäck mitnahm. Seine Lebensaufgabe: Jugend zum Reitsport zu bringen. In Villingen und Donaueschingen gründete er Voltigiergruppen, Anfang der 80er-Jahre kam der Ponysport auf, in Baden-Württemberg mit Verspätung. Der kluge Nagolder Arzt Wenzel Plaumann, seinerzeit Landesjugendwart, Pferde- und Menschenfreund, kannte den umtriebigen damals jungen Ausbilder und Richter von Turnieren, hatte ihn im Hinterkopf, als es darum ging, eine ganze Disziplin neu zu gründen. Das war eine gute Idee. Dass der Ponysport zur Lebensaufgabe dieses Menschen werden sollte, mochte er geahnt haben.
Am Kaffeetisch in Bad Wildbad haben wir seine Frau Kristine kennengelernt, 85 Jahre jung, freche blaublitzende Augen, gescheit, resolut und bodenständig. Auch ihre quirlige Tochter Regina, die im Haus wohnt. Die beiden Frauen haben dem Pony-Papst den Rücken freigehalten, ihm Inspiration und Selbstbewusstsein gegeben, so lange durchzuhalten. Er hat aus dem Ponysport ein „Pony-Lager“ gemacht, den so unterschiedlichen Eltern einen Fixpunkt gegeben, eine Handreichung auch für jene, denen der Sport eher unbekannt war. Dazu hat er Formate erfunden, die den Sport interessant gemacht und den Teamgeist gefördert haben: Süddeutsches Championat, Ponyfachtagung, Lehrgänge mit Übernachtung und Mentaltraining. Wenn es mehr Reitersleute gäbe mit diesem Format, diesen Ideen und dieser Energie, dieser unermüdlichen Innovationskraft, dann hätte der Reitsport weniger Nachwuchssorgen. Man sagt, dass Päpste unsterblich sind auf ihre Art. Für die Reiterei im Land wäre es gut, wenn es so wäre. Lebwohl, lieber Heinz!
Quelle: Reiterjournal / Roland Kern