Newsleser

Klartext gegen den Missbrauch

(Kommentare: 0)

Klartext gegen den Missbrauch

KÖLN, 27. OKTOBER 2011

Klartext gegen den Missbrauch

Neue Broschüre will junge Sportler vor sexuellen Übergriffen schützen


Dass es Fälle sexualisierter Gewalt auch im Sport gibt, ist leider eine Tatsache. Jetzt ist in Köln eine Broschüre für Jugendliche erschienen, die in sehr klarer Sprache Übergriffe und Strategien der Täter benennt.

Hilfestellung für Mädchen und Jungen. Foto: Lars Schwerdtfeger

Mit dem Thema sexualisierte Gewalt im Verein und auch in der Schule ist der Sport bisher sehr zögerlich umgegangen. Ausnahmen, etwa durch die Württembergische Sportjugend, waren rar. Seit wenigen Tagen spricht jetzt eine 28-seitige, kleine Broschüre in Nordrhein-Westfalen ungeschminkt Klartext. Um Mädchen/Jungen vor Missbrauch zu schützen, wird unter dem Titel "Platzverweis! Tipps gegen sexuelle Übergriffe im Sport" kein Blatt vor den Mund genommen. Da werden u. a. sämtliche Formen sexueller Übergriffe in altersgerechter Sprache benannt.

So heißt es z. B.: "Es ist sexueller Missbrauch ohne Berührung, wenn ein erwachsener Mann, eine Frau oder ein Jugendlicher einem Mädchen oder Jungen Nacktbilder mailt oder sie auffordert, sich selbst zu befriedigen oder sich Pornos anzugucken." Die Botschaft des Kapitels an die Jugendlichen: "Niemand darf dich bedrohen, dir Angst machen, dich erpressen oder zu sexuellen Handlungen überreden." Oder zum Kapitel sexuelle Belästigung: "Mit Worten, Blicken oder Berührungen zu grapschen, ist niemals o.k."

Entwickelt hat die beiden Heftchen, jeweils zugeschnitten auf die beiden Geschlechter, der Verein Zartbitter, eine Kontakt- und Informationsstelle gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und Jungen in Köln - mit Unterstützung des Fußball-Verbandes Mittelrhein, des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen, der Deutschen Reiterlichen Vereinigung und der Stadt Köln. "Es ist, als wäre ein Schalter umgelegt worden: Früher versuchten Opferberatungsstellen, den Sport wachzurütteln, jetzt entwickeln überregionale Verbände von sich aus Aktivitäten", lobt Ursula Enders von Zartbitter.

Unterstützt wird die Kampagne auch vom langjährigen Fußball-Nationalspieler Jens Nowotny, selbst Trainer einer E-Jugend-Mannschaft. Trainer und Betreuer sollten nicht unter einen Generalverdacht gestellt werden, betont der Ex-Profi, "genauso wichtig ist es aber, dass wir ganz genau hinschauen und so helfen, unsere Kinder zu schützen". Daher seien Präventionsmaßnahmen ebenso dringend erforderlich wie Hilfsangebote für betroffene Kinder und Jugendliche.

Was die Broschüre besonders wertvoll macht, ist, dass sie sich nicht auf Formen des Missbrauchs beschränkt, sondern Täter und deren "miese Tricks" beleuchtet. Klar und verständlich aufgelistet geht es um Themen wie: Wer sind die Täter und Täterinnen; wie Täter sich einschleimen; sexuelle Belästigungen, die man am Anfang nur schwer mitbekommt; wie Täter versuchen, Mädchen und Jungen zum Schweigen zu bringen; wie es Betroffenen geht und wie sie und ihre Freunde/Freundinnen Hilfe holen können. Alles nah am Alltag. Gerade die Tipps, an wen sich betroffene Mädchen/Jungen wenden sollten, sind hilfreich. "Niemals aufgeben! Sucht so lange, bis ihr jemanden findet, der zu euch hält", lautet das Fazit.

Kölner Vereine, Schulen und Einrichtungen der Jugendhilfe bekommen die Broschüre kostenlos. Interessierte von außerhalb von Köln werden gegen einen Unkostenbeitrag vom Zartbitter-Online-Shop unter http://www.zartbitter.de bedient.

Redaktion: KLAUS VESTEWIG

Zurück